sammlung

Schön, dass Du da bist!

Gedanken zur Jahreslosung 2022

Worte zeigen uns, was möglich ist, erklären, wie es geht
Sie beschreiben Träume ebenso wie die Realität
Sie beginnen und beenden Kriege und Revolution
Existieren laut geschrien und auch völlig ohne Ton
Sie sind Waffen, sie sind Balsam, sie sind manchmal rätselhaft
Retten Leben, zeigen Wege, schlagen Brücken
Worte haben Kraft"
(Die Ärzte, Herbst 2021)

„Schön, dass Du da bist!“, so werden seit vielen Jahren persönlich alle Delegiert*innen der Ev. Jugendkonferenz von Westfalen beim Aufrufen der Anwesenheitsliste begrüßt. Jede und jeder einzelne! Eine schöne, wertschätzende Begrüßung ist das, die uns beim Gespräch über die Jahreslosung in den Sinn kam. Sie fließt ein in das Jahresplakat der Ev. Jugend von Westfalen, das ein leider zeitloses Thema aufnimmt: Mobbing.
Es ist ja so leicht, mit den Finger auf andere zu zeigen und sich über einem Menschen lustig zu machen. Täglich geschieht es in der Schule, auf dem Arbeitsplatz oder auch in Familien. Und durch die Möglichkeiten von social media gibt es ja noch so viel mehr Bilder oder Texte, die Anlass dafür geben, jemanden unwürdig zu behandeln: Da sieht jemand komisch auf einem Bild aus. Oder hat sich bei einem Chat verschrieben. Oder hat einfach keinen Plan von irgendetwas, was für andere selbstverständlich scheint.
Eine Ursache für Mobbing sind häufig unbewältigte Konflikte. Doch manchmal ist es auch einfach die Lust am Lästern, die jemand dritten trifft. Im Oktober 2021 hat die Punkband "Die Ärzte" ein Lied über die Kraft von Worten veröffentlicht, in dem sie zwischenmenschliche Szenen beschreiben: "Worte können wehtun, sie sind schnell und schonungslos - Lassen dir keinen Ausweg, führ'n dich vor und stell'n dich bloß". Einfacher kann man es wohl nicht auf den Punkt bringen.
Wer Abweisung, Ausgrenzung oder gar offene Anfeindung an eigenem Leib und Seele erlebt, der weiß wie kränkend und manchmal auch krank machend das sein kann. Doch die Isolierung kann durch eine Kultur der offenen Wertschätzung und Willkommens durchbrochen werden.
Die Weisung der Nächstenliebe hat einen tiefen Ursprung in der jüdisch-christlichen Tradition: "Du sollst dich nicht rächen und deinen Brüdern und Schwestern nichts nachtragen. Stattdessen sollst Du deinen Mitmenschen lieben wie dich selbst", heißt es in der Thora (3. Mose, 19.18, Basisbibel). Jesus greift diese alte Weisung auf und entfaltet auf dieser Grundlage seine Lehre der Liebe, Anerkennung und Vergebung.
Als er einmal bei einem nach Frömmigkeit strebenden Pharisäer zum Essen eingeladen war, kam in das Haus eine Frau , die als Prostituierte von der Gesellschaft abgelehnt wurde. Sie kam mit wohlriechenden Ölen zu Jesus, um ihn nach damaliger Sitte die Füße zu waschen und mit dem Öl zu salben. Als der Pharisäer, der ihn eingeladen hatte, das sah, sagte er sich: "Wäre dieser ein Prophet, so wüsste er, wer das ist, was für eine Frau ihn da berührt…" (Lukas 7, 36-38).
Doch Jesus spielt das Spiel der Ausgrenzung nicht mit, sondern lässt die Salbung geschehen. Damit lebt er, was er in den Worten der Jahreslosung an anderer Stelle deutlich gemacht hat: "Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen…" (Johannes 6, 37). Oder mit anderen Worten: "Schön, dass Du da bist!"
Christian Uhlstein, Landesjugendpfarrer der Ev. Kirche von Westfalen
Bibelstellen zur Andacht:
Joh 6,37 - 373.Mose 19,18 - 18

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