sammlung

Psalm 23 – der Herr ist mein ... DungeonMaster

Eine Andacht aus der Nerdchurch

Ich denke viele kennen den 23.Psalm. Ich reibe mich jedoch an vielen Stellen daran. Das mag daran liegen, dass ich mit jungen Menschen zu tun habe, deren Sprache so gar nichts mit diesen alten Bibelworten zu tun hat. Also habe ich mich aufgemacht, meine Reibungspunkte mal anzufassen.

Dazu habe ich all die Worte (mit #..#) gekennzeichnet, die in meinem Sprachgebrauch eigentlich nicht mehr vorkommen oder mit denen ich Probleme habe

Der gute #Hirte#
1 Ein Psalm Davids. Der #Herr# ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.

2 #Er weidet# mich auf einer #grünen Aue# und #führet# mich zum frischen Wasser.

3 Er #erquicket# meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.

4 Und #ob ich schon# wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein #Stecken und Stab# trösten mich.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du #salbest# mein Haupt mit #Öl# und schenkest mir voll ein.

6 Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn #immerdar#.

Und dann habe ich meine Kritik an diesen Worten zusammengefasst:

Hirte: Was ist das? Ich habe in meinem Leben tatsächlich mal einen Hirten gesehen. Es saß zusammen mit einer WDR Moderatorin auf einem Hoffest (Mit Bock durch Land, Andreas Eisenbarth und Yvonne Willicks) und aß Bratwurst. (Und dieser Hirte nennt sich Schäfer.) Der Beruf des Hirten, zudem auch die Auswahl der Schafe für die Schlachtbank, sowie zuweilen auch das Schlachten gehört, ist ausgestorben. Schafherden kommen in meiner Lebenswelt nicht mehr vor.

Herr (dazu Er): Gott* hat keine geschlechtliche Identität. „Herr“ meint aber den männlichen Herren über das Haus und das Leben der darin Wohnenden. Dieser alte Machtstatus stammt aus Zeiten, als Männer „per se“ Macht über alles (besonders Frauen und Kinder) zugesprochen wurde. Ein Gottesbild, das ich so nicht teilen mag. Gott* ist in Jesus Mensch geworden ohne Machtanspruch, ohne sich über die Schwachen zu erheben, ganz im Gegenteil. In Jesus war er nicht „Herr“, sondern „Knecht“.

Weidet mich: Ich werde nicht geweidet. Ich bin kein Schaf, dass sich „willenlos“ zur Schlachtbank führen lässt, um im Bild zu bleiben. Das Bild des Menschen als Schaf ist gemeinsam mit den Schafen aus der Lebenswelt und dem Sprachgebrauch verschwunden und hält sich nurmehr in alten Redewendungen.

Grünen Aue: Wann haben Sie das letzte Mal von eine Aue gesprochen? Dieses Bild der vitalen und lebendigen Flusslandschaft ist in unserer industriellen Zeit mit den Flüssen im vorgegebenen Kiesbett verschwunden. Ich weiß nicht was genau eine Aue ist und wieso sie so gut für Tiere sein soll.

Führet: In meiner Welt ist das „e“ vor dem „t“ nicht mehr vorhanden. Führen: er/sie/es führt, führte, hat geführt, hatte geführt, wird führen, wird geführt haben, hätte geführt, würde führen …

Erquicket: Wer nutzt dieses Wort denn bitt noch. Ich nicht.

Und ob ich schon: What? Haben sie das jemals zu einem Freund gesagt „Kalle, weißt du, und ob ich schon sehr viel gegessen habe, dein Essen ist so lecker, dass ich noch etwas mehr nehme.“

Stecken und Stab: Der Stecken und Stab des Hirten dienen dazu, Schafe auf Kurs zu halten. Es sind Arbeitsmittel, welche die Macht des Menschen über das Tier ausdrücken. Arbeitsgerät mit denen Gewalt ausgeübt wird. Die Schafe sind diesem Stab hilflos ausgeliefert. Ebenso dient der Stab er zum Kampf gegen „wilde Tiere“. Gemeinsam mit dem Bild des Hirten ist auch dieses Bild aus der Sprache verschwunden.

Salbes mit Öl: Ölungen und Salbungen kommen in der evangelischen Kirche, in Ostwestfalen, im Jahr 2022 nur mehr sehr selten vor. Ich wüsste nicht, dass es noch eine gelebte Praxis ist. Das letzte Mal, das ich den Kopf meines Kindes mit Öl gesalbt habe, hatte dieses Läuse, die getötet werden sollten.

Immerdar: Siehe „Erquicket“

Nun versuche ich Worte in meiner Sprache, die ich auch nutze, zu finden, die den ursprünglichen Bildern für mich gerecht werden. Dabei will ich gar nicht, für alle Menschen jedweden Alters in egal welcher Lebenssituation verständlich sein. Ich versuche meine Lebenswelt und meine Bilder in den Psalm einzubringen.

Der gute Dungeon Master

1 Gott* ist mein Dungeon Master, mir wird nichts geschehen.

2 Gott* leitet mich auf durch das Abenteuer und führt mich zu einem guten Ende.

3 Gott* gestaltet das Leben, damit ich Spaß habe. Gott* führt mich auf den richtigen Wegen, die er ausgesucht hat.

4 Auch wenn es ins finstern Tal geht, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Wort und deine Geschichte geben mir Vertrauen.

5 Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du gibst meinem Charakter Erfahrung und rüstet ihn für das Abenteuer des Lebens aus.

6 Die Geschichte des Lebens wird ein gutes Ende nehmen an dem alle Freude haben, und ich bleibe im Hause des Dungeon Masters, solange er die Geschichte weiter erzählt.

Nachwort:

Ist das erlaubt, den „ach so schönen“ Psalm 23 zu ändern. Grenzt das nicht an Blasphemie? Ich meine, keineswegs. Die Übersetzung der frohen Botschaft in die Sprache der Menschen von heute ist nicht nur wichtig, sie ist zwingend geboten. Darum hat Luther die Bibel in das Deutsch des 16. Jahrhunderts übersetzt. Darum müssen wir heute Wort und Bilder finden, die in 2022 noch tragen.

Zuletzt möchte ich einladen, den Psalm in der eigenen Sprache wieder zu geben. Meine Adaption ist wohl für viele Menschen unverständlich und wird es auch bleiben: Denn Menschen sind unterschiedlich! Gott* weiß das, denn er hat uns alle nach seinem Bild gemacht.
Bibelstellen zur Andacht:
Psalter 23,1 - 1

4 Kommentare

01.02.23 12:54 - mawi0815
381
01.02.23 12:54 - mawi0815
381
13.03.23 23:00 - christianuhlstein
Psalm 23 und Gott als Dungeon Master? Ich find´s gut und gar nicht blasphemisch.
10.08.23 08:24 - Malte Hausmann
Mir ist ein Fehler aufgefallen, den ich gerne anmerken wil:
Im letzten Satz: "Denn Menschen sind unterschiedlich! Gott* weiß das, ..."
sollte es weiter heißen: "denn er/sie (oder Gott*) hat uns alle nach seinem/ihrem (oder Gott*es) Bild gemacht."

Es