sammlung

Gedankenkarussell

Schlaflose Nächte

„Na du siehst ja furchtbar aus! Hast du nicht gut geschlafen?“ Meine Schwester! Immer ehrlich und gerade heraus! Ich schüttele den Kopf und lasse mich neben ihr auf einen Stuhl fallen. „Das geht schon seit Tagen so“, fange ich an, ihr mein Leid zu klagen. „Ich bin abends so müde, dass ich eigentlich schlafen müsste wie ein Stein, aber mir geht so viel im Kopf rum, dass ich einfach nicht einschlafen kann.“ Greta nickt verständnisvoll. „Das kenn ich; So ein Gedankenkarussell ist ätzend.“

„Einen Schalter bräuchte man, um das Karussell anzuhalten“, denke ich laut. „Naja, sowas gibt es leider nicht“, antwortet Greta. „Aber versuch doch mal, alles was dich bedrückt, ganz bewusst vor dem Schlafengehen abzulegen – so wie deine Klamotten.“ Verwirrt gucke ich sie an. Greta ist zwar Therapeutin, aber dieser Rat scheint mir doch etwas weit hergeholt. „Wie soll das denn gehen?“, frage ich. „Also ich lege alles , was mich den Tag über so beschäftigt hat, in ein Gebet“, sagt Greta und zuckt mit den Achseln als wäre es das Normalste der Welt.

Ich pruste in meinen Kaffee. „Seit wann betest du denn?“, frage ich sie skeptisch. „Na ja, nur, weil ich wissenschaftlich arbeite, heißt das nicht, dass ich nicht an Gott glauben kann“, kontert sie. Dann steht sie auf, gibt mir einen Kuss auf die Stirn und sagt im Gehen: „Probier’s doch heute Abend einfach mal aus, Schwesterherz. Vielleicht siehst du dann morgen früh etwas ausgeschlafener aus.“

Anne Rütten

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