sammlung

Die Weite des Himmels

Eine Urlaubsandacht

"Einfach mal raus". Wir alle kennen dieses Bedürfnis, gerade in der Urlaubs- und Ferienzeit: Einfach mal raus, den Alltag hinter sich lassen, raus aus der gewohnten Umgebung, raus aus dem Stress in Schule, Ausbildung oder Beruf, raus aus dem, was uns tagtäglich beschäftigt, belastet und bedrückt. Einfach mal abschalten, mal etwas anderes sehen, den Horizont erweitern.

Im Urlaub genießen wir den Blick ins Weite, sei es am Nordseestrand oder auf einem Berggipfel in den Alpen. Wo sich der Blick mit dem Horizont weitet, da weitet sich auch das Herz, wir freuen uns, frei zu sein und durchatmen zu können, die Seele baumeln zu lassen. Und wir spüren, wie sich nach und nach Erholung einstellt, nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Was uns vor der Abreise noch belastet hat, erscheint auf einmal klein und unbedeutend, Probleme wirken mit etwas Abstand plötzlich lösbar, unüberwindbar geglaubten Hindernissen stehen wir mit frischem Mut und neuer Zuversicht gegenüber.

Manchmal muss man einfach mal raus. Schön ist es, wenn man dann verreisen kann, aber es gibt auch andere Möglichkeiten, Abstand zu gewinnen und den Blick zu weiten. Manchmal muss man einfach aufhören, an einer Sache herumzugrübeln, eine Nacht drüber schlafen, sich ablenken, vielleicht eine Runde Sport machen - oder mit jemandem darüber reden.

Der Psalmbeter macht die Erfahrung, dass Gott ihm dabei hilft, "rauszukommen":
"Der Herr führte mich hinaus ins Weite, er befreite mich, denn er hat Gefallen an mir" (Psalm 18,20).

Luther übersetzt die Stelle noch etwas drastischer, indem er statt "er befreite mich" die Formulierung "er riss mich heraus" verwendet. Der "Cut" wird dadurch noch deutlicher: Gott beendet die Notsituation, indem er den Psalmbeter herausholt. Das ist wie Urlaub, nur krasser. Tatsächlich ist die Situation, in der sich David befindet, auch krasser als unsere normalen Alltagssorgen. Schließlich trachtet ihm König Saul nach dem Leben und er hat den Tod unmittelbar vor Augen. In solcher Bedrängnis befinden sich wohl die wenigsten von uns.

Und doch lädt der Vers dazu ein, die Erfahrung des Psalmbeters auf unser eigenes Leben und unsere ganz persönlichen Situationen der Anfechtung zu übertragen. Angst vor dem Versagen, der Wunsch zu gefallen, der Druck, erfolgreich sein zu müssen, Sorgen um die Gesundheit, Unsicherheit über die eigene Zukunft - all das kann uns ganz massiv belasten und einengen, sodass wir kaum noch einen Ausweg sehen. Und auch da kann es helfen, Abstand zu gewinnen und den Blick zu weiten.

Der Psalmvers erinnert mich daran, dass ich diese Weite bei Gott finden kann. Wenn ich mich an ihn wende, zum Beispiel im Gebet, dann ist das wie ein kleiner Urlaub für die Seele. Ich kann meine Lasten bei ihm abladen, ich kann durchatmen, einfach mal kurz rauskommen. Und manchmal eröffnet sich mir dann eine neue Perspektive, vielleicht nicht immer gleich unmittelbar, manchmal kommt Gottes Antwort auch mit etwas Verzögerung. Aber dass sie kommt, dass Gott mich hört, darauf zu vertrauen will der Psalmvers ermutigen.

Eine andere Möglichkeit, mit Gottes Hilfe "rauszukommen", ist die Kraft des Segens. Wenn ich mich unter Gottes Segen stelle, dann kann sich das anfühlen wie am Deich, wenn der Wind mich umfängt, meine Gedanken durchpustet, mich die Kraft der Natur und meinen eigenen Körper spüren lässt. Gottes Segen kann mir helfen, Belastendes zu überwinden, Kraft zu tanken und meine Seele zu weiten. Manchmal berührt mich ein konkretes Segenswort und zeigt mir einen neuen Weg auf, manchmal lässt mich auch einfach die Erfahrung des persönlichen Zuspruchs Geborgenheit erfahren und Hoffnung schöpfen.

Gott schenkt mir Weite, den Blick über den Tellerrand, die neue Perspektive. Auf die eine oder andere Weise wird er es schaffen, mich rauszuholen, wenn ich das brauche.

Eine der schönsten Formen, rauszukommen, ist Urlaub. Wenn du also gerade im Urlaub bist, dann stell dich doch mal an den Strand oder auf den Berg, breite die Arme aus und spüre die Weite, lass dich vom Wind duchpusten. Und wenn du merkst, dass noch etwas auf deiner Seele liegt, dann lass es raus, schrei es in den Wind (flüstern geht auch, wenn du gerade nicht allein bist) - Gott wird dich hören und dir helfen.

Und warum? Die Begründung ist so einfach wie überwältigend: Gott macht all das für dich einfach so, weil er dich liebt, oder wie es im Psalm heißt, weil er Gefallen an dir hat. Das musst du dir nicht erst verdienen, sondern du bekommst es geschenkt. Gnade heißt das Zauberwort, das für uns so schwer zu begreifen ist. Und Gnade ist das beste (und unbezahlbare) Upgrade, das du auf deiner Reise bekommen kannst, weil es dir nämlich Urlaub bei Gott sichert. Gnade ist die Zusicherung, dass du bei Gott immer Zuflucht finden wirst ("Secret escape" sozusagen) und er dich niemals hängen lässt, sondern dich "rausholt", dir Weite schenkt und neue Wege aufzeigt.

Guter Vater, deine Gnade beschert mir Urlaub für die Seele.
Amen.

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