Die Kraft der Adler

Neue, beflügelnde Kraft in Zeiten der Ermattung

Wenn im Frühjahr die Vögel wieder anfangen zu singen, zu zwitschern und zu trillern ist das nach einem kargen Winter für viele Menschen ein Symbol für Aufbruchstimmung und die Möglichkeit der immer wieder neuen Auferstehung des Lebens. Der Vogelgesang ist besonders morgens oder auch in den Abendstunden wie ein vielstimmiges Konzert in einem aufgrünenden und aufblühenden Naturkonzertsaal.
Vögel stehen für die Leichtigkeit des Lebens, wenn sie sich emporheben und auf den Winden gleiten lassen.
Dieses Erleben verbindet Menschen über die Jahrtausende: Jesaja, der als Prophet zur Zeit der assyrischen Herrschaft in einer Krisensituation in und für das Volk Israel wirkte, hat für seine Adressat*innen vor dem Hintergrund dieses Naturerlebens ein ermutigendes und verheißungsvolles Bild aus der Vogelwelt ausgesucht. Die fühlten sich nämlich nach der vernichtenden Niederlage gegen das neue Weltreich im Orient noch im tiefsten Winterzustand und völlig hoffnungslos ihre Gegenwart und Zukunft betreffend.

Alle, die auf Gott hoffen, bekommen neue Kraft.
Sie fliegen dahin wie Adler. Sie laufen und werden nicht matt. - Jesaja 40, 31

Jetzt ist der Adler vielleicht nicht für jeden der Vogel seiner Wahl, und da das Prinzip auch mit anderen Vögeln mehr und minder passt, möchte ich dir kurz die Gelegenheit geben, gerne auch die Vogelart zu wechseln. Es sollte nur ein fliegender Vogel sein.

Bitte denke einmal darüber nach (oder tausche dich mit deinem Nachbarn aus): Wenn du die Möglichkeit hättest einmal für eine Stunde ein Vogel zu sein, welcher wärst du bzw. welcher wärst du gerne? Und weshalb gerade dieses? ?

< In einer Gruppe wäre hier ein Austausch möglich, mit einer anschließenden Blitzlichtrunde: „Was sind das für Vögel?“ - Sicher kommt ein ein bunter Vogelschwarm heraus.

Alle, die auf Gott hoffen, bekommen neue Kraft.
Sie fliegen dahin wie Adler. Sie laufen und werden nicht matt. - Jesaja 40, 31

Das ist ein Vers für Neuanfänge, Krisen, aber auch einfach als Zwischenermutigung für alle, die gerade keine Veränderung erleben.
Dieser Vers spricht von "neuer Kraft" - und wer kann die nicht gebrauchen.

Keine Kraft, die wie ein Energiedrink nur kurzfristig anhält, sondern eine Kraft, die ausdauern ist, die lange Wege aushält: Die Kraft eines Adlers, der wie alle Vögel auf den Schwingen des Windes dahingleitet. Der Adler ist nur einer der stärksten Vögel, deshalb wird er hier mit dem Begriff Kraft in Verbindung gebracht. Nicht umsonst ist der Adler das Wappentier vieler Nationen, Städte oder gar Vereine.
Der Adler gilt als König der Lüfte. In Europa wurde der Adler als königliches Münz- und Wappenzeichen durch Alexander den Großen eingeführt,
Die römischen Legionen nutzten den Adler als Feldzeichen.
Auch in den deutschen Landen wurde der Adler übernommen: Durch die deutschen Kaiser, in Preußen, in Österreich Ungarn zuletzt durch die Bundesrepublik Deutschland in der Form des Bundesadlers. Er steht nicht nur für Kraft, sondern auch für Erneuerung, Kontemplation, Gerechtigkeit und Scharfsicht.

Auch der Evangelist Johannes, der in besonderer Weise versucht die Geheimnisse und die Herrlichkeit Gottes zu ergründen, wird mit dem Adler in Verbindung gebracht, weil er Schwingen eines Adlers erhält und so zu Höherem eilen kann, das Wort Gottes zu erörtert (so der Kirchenvater Hieronymus).

Und wen das nicht reicht als Beleg für die Schönheit und Besonderheit der Adlervergleichs: Selbst im Buch Herr der Ringe sind es die Adler, die Gandalf und den Ringgefährten zur Hilfe.

Alle, die auf Gott hoffen, bekommen neue Kraft.
Sie fliegen dahin wie Adler. Sie laufen und werden nicht matt. - Jesaja 40, 31

Diese Verheißung über das Kommen und Gehen und Weitergehen zu stellen, kann Mut machen.
In einer Lebens- und Arbeitswelt, in der sich immer mehr verdichtet und konzentriert, erinnert der Adler daran, dass es manchmal sinnvoll sein kann, sich mit Kraft in die Höhe zu erheben. Er erinnert aber auch daran, wie gut es sein kann sich durch die Winde tragen zu lassen. So kommt er weit, so spart er Kraft.

Was können das für Winde sein?
- Der Gewissheit, dass unser Wirken einen großen Sinn hat und stiftet.
- Der Wind des wertschätzenden, respektvollen Umgangs miteinander.
- Der Wind der Vergebungsbereitschaft und Fehlerfreudigkeit
- Der Wind Zukunftsfreude
- Der Wind des Heiligen Geistes, der Freude und Gewissheit ins Leben weht, dass wir Gottes geliebte und gut geschaffenen Geschöpfe sind.

Auf solchen Winde möge er uns gleiten lassen als Adler, Rotkehlchen oder … und als die sonstigen, schrägen Vögel, die wir manchmal auch sind.

Fürbittegebet (ggf. in Auswahl je nach Anlass)

Guter Gott, mit dir können uns Flügel wachsen. Du machst uns Mut aufzubrechen, du trägst uns und schenkst uns Freiheit, die grenzenlos ist. Wir bitten dich:
1. Lass uns wie einem Adler Flügel wachsen. Flügel, die uns über unseren Alltag erheben und uns hinaustragen in ein erfülltes Leben.
2. Lass uns unnötigen Ballast, Ängste, Sorgen und Zweifel abwerfen, damit wir dir näher sein können.
3. Lass uns Menschen begegnen, die unser Leben bereichern und uns beflügeln.
4. Lass uns unsere Flügel über unsere Mitmenschen ausbreiten, über alle, die in Not sind und unserer Hilfe bedürfen.
5. Behüte und umhülle alle diejenigen, die krank sind.
6. Schenke allen gute Winde, die neue Lebensabschnitt beginnen.
7. Schenke Weitsicht und Scharfsinn für neue Aufgaben und Dienste
8. Lass uns allen immer wieder neue Flügel, neue Kraft und die Gewissheit, wachsen, dass wir deine geliebten Kinder sind.

Landesjugendpfarrer Branko-Christian Uhlstein|