sammlung

Der Boden ist Lava

Wo ist ein Fels außer unserm Gott? (Psalm 18,32)

Meine Kinder spielen gerne „Der Boden ist Lava“: Dabei geht es darum, sich bei dem entsprechenden Kommando schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen, indem man auf etwas draufklettert, zum Beispiel eine Bank, ein Spielgerät oder anderes, schließlich will man sich ja nicht die Füße verbrennen. Die erhöhten Punkte sind dann so etwas wie Felsen in einem Lavastrom, dort kann man sicher stehen - Ein fröhliches Spiel, bei dem es um Phantasie, Geschicklichkeit und Teamgeist und nicht zuletzt natürlich um Kletterspaß geht.

Ich stelle mir einen unheilvollen Verlauf des Spiels vor: Wenn auf einmal alle „Felsen“ belegt sind, und dies nicht nur einmal, sondern in jeder Runde, wenn die Mitspieler sich einen Spaß daraus machen, sich gegen einen zusammenzuraufen, keinen Platz auf der Bank oder dem Spielgerät machen, obwohl noch jemand draufpassen würde, womöglich sogar den Schutz Suchenden herunterschubsen. Dann wird aus dem fröhlichen Kletterspiel für den Einzelnen oder die Einzelne bitterer Ernst. Dann ist es auf einmal nicht mehr lustig, auf dem Boden zu stehen, weil der sich wirklich anfühlt wie Lava. Dann fehlt der Schutz bietende Felsen nicht nur im Spiel, sondern die Bedrohungslage greift auch auf das reale Leben über. Dann brennen Gefühle von Ausgrenzung und Hilflosigkeit heiß unter den Füßen.

Doch nicht nur Kinder kennen solche Situationen, auch Jugendliche und Erwachsene erleben Ausgrenzung und Mobbing. In der Schule: Ein Mädchen kommt neu in die Klasse, aber keiner möchte, dass es neben ihm sitzt. Beim Sportunterricht wird sie als Letzte gewählt und auf Klassenfahrt möchte keiner mit ihr ins Zimmer. Oder am Arbeitsplatz: Jemand verbreitet aus Neid Falschinformationen über einen Kollegen, z.B. dass er unzuverlässig und hinterhältig sei. Auf einmal wird er von allen gemieden, im Frühstücksraum drehen die anderen ihm den Rücken zu, über den Kollegiumsausflug wird er gar nicht erst nicht informiert.

Wir alle brauchen in unserem Leben sichere Orte, wo wir uns willkommen fühlen, dazugehören, vertrauen können. Und es ist schrecklich, wenn diese sicheren Orte durch Ausgrenzung oder systematisches Mobbing verloren gehen.

Der Psalmbeter spricht aus einer ähnlichen Erfahrung heraus. David hat lange am Hofe Sauls gelebt, den König durch sein Harfenspiel erfreut und sich durch Mut auch beim Volk große Beliebtheit erworben. Doch irgendwann kippt die Stimmung Sauls, Neid und Eifersucht erfüllen ihn und er wendet sich gegen David, lässt ihn verfolgen, will ihn töten. David steht hilflos da und beschreibt diese Notlage mit dem Bild von Wasserfluten, in denen er zu ertrinken droht. Wie die Kinder beim Lava-Spiel sucht er einen sicheren Felsen – und findet ihn in Gott: „Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils und mein Schutz“ (Ps. 18,3). So spricht David zu Gott und dankt ihm für die Rettung vor den Nachstellungen seiner Feinde.

„Wo ist ein Fels außer unserm Gott?“ - Manchmal ist auch in unserem Leben der Boden Lava, alles gerät ins Wanken, gefühlt machen wir alles falsch, bei jedem Schritt treten wir in ein neues Fettnäpfchen. Wir fragen uns, wem wir noch vertrauen können, wir erleben, dass sich Menschen gegen uns zusammenschließen, fühlen uns unerwünscht, fehl am Platz, suchen vergeblich nach Sicherheit und Zuspruch. Da ist es gut, sich an die Erfahrung des Psalmbeters zu halten: Gott ist mein Fels, der sichere Zufluchtsort, wenn ich im Lavastrom des Lebens unterzugehen drohe, die Basis, die mir Sicherheit und Stärke gibt, gerade wenn ich mich selbst verloren fühle. Gott, mein Fels, ist immer da, er lässt mich sicher stehen, trotz aller Anfeindungen. Er ist die Stimme, die mir sagt: Du bist nicht falsch, du bist genau richtig so, wie du bist. Und Gott ist es auch, der mir Mut macht, mich in solchen Situationen nicht unterkriegen zu lassen, sondern aufzustehen, den Mund aufzumachen, Unrecht zu benennen, das Gespräch zu suchen, Dinge klarzustellen, und wenn das nichts bringt, mich an Personen zu wenden, die mir helfen können.

Der Psalmbeter macht die Erfahrung, dass es immer einen Ausweg gibt, selbst aus der größten Notlage. Und darauf können auch wir vertrauen. Gott wird uns helfen, die nötigen Schritte zu tun, er lässt uns nicht untergehen, er ist der Fels, der niemals wankt. Wir können fallen, aber niemals tiefer als auf diesen Felsen und von dort können wir gestärkt wieder aufstehen.

Guter Vater, danke, dass ich bei dir Halt finde.
Amen.


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