sammlung

Beten, mal anders

Zwei Menschen sind sich nahe gekommen

Die Pfarrerin kommt ins Krankenhaus zum Krankenbesuch. Ein Gemeindeglied liegt mit Kehlkopfkrebs drinnen. Ja, sie raucht schon eine halbe Ewigkeit lang. Schon als junge Frau hat sie damit angefangen. Damals, die Zigaretten ohne Filter. Von den amerikanischen Soldaten abgeluchst – wenn`s sein muss, für ein paar Küsse.

„Frau Pfarrer“, sagt sie, „beten kann ich nicht, habe ich nie gekonnt. Tun Sie’s jetzt auch nicht, bitte nicht. Geben Sie mir ihren Arm. Bringen Sie mich auf den Flur. Und rauchen Sie mit mir eine Zigarette.“

Und dann stehen sie hinten im Flur, am Fenster – und „qualmen eine“. Sie in tiefen Lungenzügen. Die Pfarrerin - seit einem Jahr Nichtraucherin – mit mehreren kleinen Hustenanfällen zwischendurch.
Eine Woche nach diesem Krankenbesuch hat die Pfarrerin die Frau beerdigt.

Zwei Menschen sind sich nahe gekommen.
Mit jemandem beten oder FÜR jemanden beten heißt, mit diesem Menschen in die Tiefe gehen.
Es muss nicht immer die „klassische“ Version sein– mit gefalteten Händen, in der Kirche.
Beten – das ist auch: sich in den Armen halten.
Oder miteinander eine Zigarette rauchen ???? – gerade, wenn es die letzte Zigarette sein könnte.

Stephanie Mages, Pfarrerin in Nürnberg Worzeldorf

Autor: mel

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